Es ist ein Spiel

Inspiriert von einem Besuch in der Kunsthalle Mannheim, entstand diese Kurzgeschichte …

Sie müssen wissen, ich schreibe nicht nur, ich male auch seit einiger Zeit. Ich male abstrakt, bewundere jedoch alle, die ihre Pinsel so einsetzen als wollten sie Landschaften fotografisch abbilden. Wie hier auf den Bildern einer Ausstellung in der Kunsthalle.
„Aber du wirkst etwas bedrückt.“ Ich höre Jakobs Stimme in meinem Kopf.
Meine Vornamen lauten Rolf, Jakob und Richard. Jakob und Richard waren meine Onkel, die Brüder meines Vaters. Sie sind schon lange verstorben, aber sie reden manchmal mit mir. Sie melden sich meist ungefragt und ich habe mich schon daran gewöhnt.
„Das Grün erschlägt mich“, sage ich.
„Ah, der Malkurs“, meint Jakob.
„Üben, üben,“, Richard zitiert meine Kursleiterin. „Immer wieder Farben mischen. Sehen Sie sich die alten Meister an.“
Seit sechs Monaten besuche ich ihren Kurs
Aber ich bin Rentner und habe keine Zeit fürs Üben, für das Mischen von Farbnuancen. Rentner sitzen entweder beim Arzt oder verbringen ihre Restlebenszeit damit, vergessene Träume verwirklichen zu wollen. Außerdem hasse ich Grün auf Leinwand. Nicht jedes Grün, aber dieses dunkle, fette, satte Grün.
Mein Blick schweift über die Wände des Ausstellungsraumes: detailgetreue Landschaftsbilder verschiedener Künstler, pointierte Abstufungen, filigran gemalte Blätter in dichten Baumkronen. Produkte menschlicher Fotoapparate schleudern mir dieses Grün entgegen. Selbst das großformatige „Birkenstück“ von Ralph Fleck abstrahiert einen grünen Wald, in dem drei Birken stehen.
„Und das hier wirkt auf mich wie ein Urwald, ein Urwald mit Birken.“ Ich zeige auf das Gemälde von Fleck.
„Lass mal die Kirche im Dorf“, höre ich Richard. „Erst stören dich die Landschaftsbilder, jetzt die abstrakten Birken.“
Auch Jakob meldet sich wieder.
„Also nochmals: du wirkst bedrückt, was stört dich denn?“
Ich stutze kurz, fühle in mich hinein, wie ich es immer tue, wenn Jakob und Richard anwesend sind.
„Die Stimmung“, antworte ich, „dieses Grün in fetten, alten Stuckrahmen erdrückt mich. Ich höre nichts und fühle nichts. Ich sehe nur diese Momentaufnahmen von Blättern.“
„Landsacape – Landschaften, heißt die Ausstellung“, sagt Richard.
„Ich hätte sie anders genannt: Einsamkeit.“
„Einsamkeit?“
„Oder Langeweile. Die Künstler schweigen. Was empfinden sie in der Natur, wie säuselt der Wind, wie pocht freudig das Herz beim Geruch von frisch gemähtem Gras?“
„Werde jetzt nicht poetisch“, spottet Jakob.
Ich gehe nicht darauf ein.
„Lebendig geht anders“, murmele ich vor mich hin, „ich sehe nur Grün.“ Leicht genervt schreite ich die Wand entlang.
Gut, ich räume ja ein, seit vorgestern eine Abneigung gegen Grün zu haben, obwohl die Kursleiterin ja Recht hatte. „Da fehlen die Grundlagen“, hallt es noch in mir nach, „immer wieder die Farben mischen, üben, üben.“
Ernsthaft, diese grünen Bilder hier lassen mir nur die Wahl zwischen schön oder nicht schön, lassen mich werten anstatt fühlen.
Unvermittelt zieht es mich zu einem anderen Bild: Heinrich Bürkel malte 1839 die ‚Campagna mit Aquädukt‘.
„Seht mal her“, spreche ich zu meinen Onkeln. “Dieser Schäfer wacht über seine Schafe. Auf dem Esel daneben sitzt eine Frau und hält ihr Kind in den Armen. Eine Szene inmitten einer italienischen Landschaft, filigran, detailgetreu und lebendig.“
Ich trete näher an das Bild. „Schaut, Bürkel übergibt mir eine Geschichte und überlässt mir die Entscheidung über Inhalt und Verlauf. Ich entscheide, ob ich in die Szene eintauche, wann immer ich will und wie ich will. – Wisst ihr, was ich meine? So entsteht für mich eine neue, vorher noch nicht gekannte Realität.“
„Entscheidung ist ein gutes Stichwort“, klingt Richard zu mir. “Oben sind Werke von Anselm Kiefer. Er sagt, der eigentliche Schaffungsprozess sei gar nicht so schwierig. Schwierig sei, zu entscheiden, was man gestalten will. Alles andere läuft dann fast von alleine.“
„Lasst uns hochgehen“, sage ich.
Ich habe nicht oft das Gefühl, begeistert das Zimmer eines alten, durchgeknallten Freundes zu betreten. Mit voller Wucht trifft mich der überdimensionale Willkommensgruß von Anselm Kiefer, und ich bestaune sein riesengroßes Bild eines aus Blei modellierten U-Bootes inmitten einer weißgrauen Berglandschaft.
‚Noah‘, nennt Kiefer das Bild. Da braucht es kein Grün, keine Nachbildungen. Unterschiedliche Materialien wie Holz, Blei, Ölfarbe und Teer benutzt der Künstler, um sich auszutoben. Wie ein Kind, dem man die große Freiheit lässt, zu spielen, voller Lust und Drang. Jedes Werk, das er präsentiert, wirkt einladend und verkörpert für mich die Reduktion von Sachverhalten auf das Wesentliche – wie in einem Gedicht.
Noah baute die Arche, denke ich. Wir bauen U-Boote, um uns zu vernichten.
„Ich glaube nicht, dass Anselm Kiefer eine so eindeutige Aussage machen wollte“, meldet sich Richard wieder. „Er spielt. So wie Du früher als Kind auf dem Klo, als Du selbst Landschaften geschaffen hast.“
„Als ich mit den Fingernägeln die weiße Farbe vom Wasserrohr gekratzt habe? Ja, da entstanden Geschichten, ganz von alleine. Ich musste nichts erfinden.“
„Oder als du in deinem neuen Matrosenanzug Schiffe aus Schlamm gebastelt hast“, warf Jakob ein.
Ja, genau, denke ich. Dieses lustvolle Beginnen, wie befreiend, einfach anfangen und zulassen, was kommt, entlanghangeln an der Lust im Tun, ein Spiel voll Spaß und Kraft, ohne vollendet präsentieren zu wollen. Ich spüre den Impuls, mitzuspielen und mit den Händen ins Bild zu greifen, fühle mich aufs Höchste willkommen, in diesem Spielzimmer der Kunsthalle.
Auf dem Heimweg treffe ich meine Entscheidung.
Mein Atelier ist ungefähr zwei auf drei Meter groß und nennt sich Küche. Die Küche ist nicht immer als solche erkennbar. Manchmal tausche ich auch den PVC Boden aus, weil Acrylfarbe nicht immer dortbleibt, wo ich sie haben will.
Mit zwei großen Tuben stehe ich vor dem Küchentisch und klatsche Farbe auf eine mittelgroße Leinwand. Immer und immer wieder, bis ich beginne, die Farbe großflächig mit beiden Händen zu verteilen.
„Aha – was ist das? Hat das jetzt sein müssen? Schau dich mal an!“ Jakob und Richard sind wieder da. „Ich denke, du magst kein Grün?“
Ich schaue an mir herunter. Die Jeans kann ich wegwerfen. Von den Schenkeln bis zu den Knien sind die Hosenbeine mit grüner Farbe besudelt.
„Scheißegal!“, schnauze ich. “Das ist ein Spiel! Ein Tannenbaum ist nun einmal grün, auch wenn er in der Wüste einzeln und groß aus einem schwarzen U-Boot wächst!“

© Rolf Höge

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Die Pest herrschte nicht in Europa

(Zur Verwendung als Fake-News für Besorgte oder Störche)

Dass in Europa von 1346 bis 1353 die Pest herrschte, ist ein Märchen. Tatsächlich herrschte in Frankreich Philip IV, in England Eduard III und im Heiligen Römischen Reich Karl IV

Überhaupt weiß man seit 1934, dass die Pest nur von einem Schiff bekannt war, das vor der Insel Madagaskar lag. (Man beachte in meiner Schreibweise das ‚Doppel-S‘ nach dem ersten Komma und das einfach S nach dem zweiten Komma. Ich mag eben Kommata mit ihren unterschiedlichen Bedeutungen, Kommas hingegen mag ich weniger).

Gut, also dieses besagte Schiff lag irgendwann vor Madagaskar und hatte die Pest an Bord. Nicht etwa die Mannschaft hatte die Pest an Bord, sondern das Schiff. Wie das Seefahrzeug (ich mag auch meine Eloquenz!) dies nun genau bewerkstelligt hatte, bleibt Anfang der 1930er Jahre noch weitgehend unklar. Man weiß lediglich, dass Wasser in Kübeln, Fässern oder Kesseln faulte und täglich „einer“ – wer immer das war – über Bord ging. Wir gehen heute davon aus, dass dieser „einer“ bereits tot war. Unklar ist jedoch wiederum, wie er unlebendig „über Bord gehen“ konnte.

Angefangen damit hatte ein gewisser Herr Langbein oder der lange Hein, dieser soll der erste gewesen sein, dem dann wiederum täglich „einer“ folgte.

Wie dem auch sei, jedenfalls kam irgendwann ein Schiff an besagtem Seefahrzeug vorbei und konnte keine Schreie der Toten hören, was durchaus verständlich ist. Unverständlich allerdings mag erscheinen, dass jemand von den Toten aufs weite Meer hinausblickt und an ein kleines Mädchen denkt, dass er sich herbeiwünscht, weil er es einmal so heiß geküsst habe. Allein diese Aussage mag doch dem verständigen Europäer die Unsinnigkeit einer Pest im Mittelalter verdeutlichen: Wenn 1934 jemand auf sein Mädchen wartet – auch, wenn er tot ist – dann wäre dieses Mädchen, sofern man die Pest im Mittelalter ansiedeln wollte, etwas über 600 Jahre alt.
Selbst das Dritte Reich dauerte nur 12 Jahre und niemand – weder aus dem ersten noch dem zweiten Reich – hätte die Geduld aufgebracht, so lange auf ein Mädchen zu warten, das man nach 600 Jahren kaum noch erkannt hätte. Nicht einmal die Zerstörung des Tausendjährigen Reiches erst an dessen Ablauf, konnte man in Deutschland abwarten, sondern legte schon innerhalb der ersten 12 Jahre alles in Schutt und Asche.

Zusammenfassend mag man festhalten: Die Pest herrschte nicht in den Straßen Deutschlands, sondern verweilte an Bord eines Schiffes, das vor Madagaskar lag. Schon dies alleine sollte Grund dafür sein, die Geschichte umzuschreiben.

rh

 

Andere Texte, manchmal ernst, manchmal heiter finden Sie auch auf meiner Homepage

 

X-Komma-Null-Viereinhalb

X-Komma-Null-Viereinhalb

 

„Ich lebe in vollkommener Harmonie und Reichtum, ich bin Millionär, ich bin Millionär.“

Immer wieder plapperte ich den Satz vor mich hin und betrachtete dabei den Mahnbescheid vor mir. In der linken Hand hielt ich den Bestseller über positives Denken, der mir den Weg in die absolute Wunscherfüllung zeigen sollte, und mit der rechten schob ich mir genervt eine Zigarette zwischen die Lippen. Doch der Bescheid vom Amtsgericht verschwand nicht. Er löste sich einfach nicht auf.

Ich beschloss, etwas tiefer in die esoterische Trickkiste zu greifen, eilte zu meinem Schreibtisch und zog ein Blatt Papier aus dem Drucker. Schnell zeichnete ich in der Mitte eine Gerade und teilte das Blatt so in zwei Hälften auf. Die Gerade stellte nun die Linie für die Gegenwart dar, für das Jetzt! Den Mahnbescheid positionierte ich nun links von der Gegenwart und rechts davon einen Euro, der mir als Symbol für das Geld aus der Zukunft dienen sollte. Nun zentrierte ich meine ganze Aufmerksamkeit auf diese Gegenwartslinie, bewegte den Mahnbescheid langsam auf sie zu und tat das Gleiche mit dem Euro-Stück, bis beide, Mahnbescheid und Euro, genau im Jetzt aufeinander trafen. Geldsorgen und Geldmittel hatten sich damit vereinigt.

Ich nahm noch einen tiefen Zug aus meiner Zigarette, drückte sie im Ascher aus und schob eine CD mit Entspannungsmusik in meinen Player. Dann legte ich mich auf die Couch im Wohnzimmer. Es ging nun darum, mich und meine Gedanken in die notwendige Geldschwingung zu bringen, damit nach dem Gesetz der gleichen Schwingung das Geld auch zu mir finden konnte. Bei leiser Musik konzentrierte ich mich zunächst auf meinen Atem, spürte in meinen Körper hinein und legte dann meine Hände über die Augen, wie ich es bei meiner Reiki-Einweihung gelernt hatte. Danach kam die zweite Handposition aus dem Reiki und die Hände lagen auf der Schläfe. Weiter ging es zum Hinterkopf, hoch zum Scheitelchakra und dann schrittweise hinunter bis zum Wurzelchakra. Überall in meinen Körper ließ ich die universelle Lebensenergie nach dem System von Dr.Usui fließen. Alles war in Fluss, alles floss, ‚penta rei‘ eben.

Fast wäre ich dabei eingeschlafen, doch das schrille Läuten der Türglocke riss mich aus meinen mentalen Schwingungen: der Gerichtsvollzieher. Er hatte sich angemeldet, schriftlich, durch einen Hinweis im Briefkasten, weil er mich am Vortag nicht zuhause angetroffen hatte. Es ging wieder einmal um nicht bezahlte Strafzettel wegen Falschparkens und wenige Minuten später wechselten rund hundert Euro den Besitzer. Ich war stocksauer, hatte ich doch tatsächlich, wie es dieser Josef mit seinem Buch über die richtige Denkweise geschrieben hatte, den ganzen Tag über nur gute Gedanken gedacht. Und dann so etwas: Mahnbescheid, Gerichtsvollzieher, Geld weg!

Der Herr verließ wenig später meine Wohnung,. nicht ohne mir vorher mitzuteilen, er werde noch weitere Eintreibungen gegen mich vornehmen und bezüglich dieser Angelegenheiten nochmals auf mich zukommen.. Ich eilte zum Telefon und wählte direkt durch.

 

Angenehm drang die freundliche Stimme an mein Ohr „Spirituelle Weltauskunft Sektion Deutschland. Mein Name ist Anita Meyerbrand. Was kann ich für Sie tun?“ „Herbeldinger, Guten Tag! Ich brauche eine Auskunft zum bevorstehenden Weltuntergang. Wann genau findet der nun statt?“

„Ihre Kundennummer bitte zunächst, Herr Herbeldinger.. – Und ihr Spezialgebiet.“

„X-komma-null-viereinhalb. Ich bin hunareikiorientiert mit hermetischem Quertouch.“

Ich hörte wie ihre Finger schnell über die Tastatur huschten und sie meine Daten in ihren PC eingab.

„Herr Georg Herbeldinger, richtig?“

„Richtig!“

„Nun, Herr Herbeldinger, zurzeit liegen uns keine gesicherten Erkenntnisse für dieses Jahr vor. Wir haben zwar hier zwei Channelmeldungen, die allerdings etwas auseinander liegen.“

„Was heißt das?“

„Tja, Anfang Juli dieses Jahres könnte der Weltuntergang eintreten. Dafür stehen allerdings noch keine Transportschiffe für unsere Mitglieder bereit. Der Massenselbstmord ist auch noch nicht eingeplant.“

„Und was ist mit der zweiten Channelmeldung?“

„Nach dieser ist mit einem solchen Ereignis erst in ungefähr zehn Jahren zu rechnen. Wie alt sind Sie, Herr Herbeldinger?“

„Fünfzig!“

„Dann gehören Sie zu unserem ausgewählten Kundenkreis und ich könnte Ihnen ein Angebot von ‚Spirituelle Weltauskunft Sektion Deutschland’ unterbreiten, das wir gerade für Kunden Ihrer Altersklasse konzipiert haben. Wenn Sie noch ein paar Minuten Zeit hätten, Herr Herbeldinger?“

Ich sog hörbar die Luft durch die Nasenflügel.

„Ich möchte jetzt kein Sonderangebot. Mir steht das Wasser bis zum Hals.“

Sie schwieg.

„Bei mir häufen sich die Rechnungen und ich muss dringend wissen, ob ich Wege finden muss, diese zu begleichen, oder ob sich das alles erübrigt wegen des Weltunterganges.“

„Unabhängig davon“, versuchte es Anita Meyerbrand weiter, „schätzen wir uns als ‚Spirituelle Weltauskunft Sektion Deutschland’ glücklich, nun auch den Reinkarnationsverein mit Sitz in Köln zu unseren Mitgliedern zählen zu dürfen. Haben Sie davon schon einmal etwas gehört, Herr Herbeldinger?“

„Nein!“

„Nun, Herr Herbeldinger, der Reinkarnationsverein hat sich angeboten, die Verwaltung des Vermögens unserer Einzelmitglieder bis zu deren Wiederkehr, also bis zu ihrer erneuten Inkarnation, zu verwalten.“

„Ich habe kein Vermögen.“

„Wir bieten Ihnen diesen besonderen Service für nur zwei Euro zusätzlich zu Ihrem jetzigen Mitgliedsbeitrag an.“

„Hören Sie…“

„Ja, ich weiß, Herr Herbeldinger, der Weltuntergang.“

„Genau! Können Sie mir da keine ernsthaften Auskünfte geben?“

„Alles, was wir anbieten ist ernsthaft, Herr Herbeldinger.“

„Deshalb rufe ich Sie ja an.“

„Vielleicht probieren Sie es einmal mit einem Medium. Das ist für Sie kostenlos und wird über Ihren Monatsbeitrag abgedeckt. Wir haben zwei Medien, die jederzeit channeln können. Ohne große Ritualsvorbereitungen.“

„Sind das die zwei mit den unterschiedlichen Meldungen?“

„Nein.“

„Ok, dann verbinden Sie mich.“

Es dauerte eine kleine Weile bis sich nun eine ältere Frauenstimme meldete:

„Sie sprechen mit Uritella vom Schwarzwaldverein Seat Luchs. Womit kann ich dienen?“

„Ich benötige eine sichere Channelbotschaft zum Weltuntergang:“

„Wünschen Sie den Kontakt zu einem bestimmten aufgestiegenen Meister oder zum Heiland selbst?“

„Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Sollten Sie aber“, säuselte Uritella. “Ich habe hier eine ganze Palette von Meistern, die ich channeln kann. Und soviel Zeit steht mir nun auch nicht gerade zur Verfügung. Ich bin gerade mit meinem Badewasser beschäftigt.“

„Mit Ihrem Badewasser?“

„Ja. Ich habe doch die göttliche Botschaft bekommen, Heilwasser zu verkaufen.“

„Was hat das mit Badewasser zu tun?“

„Nach einer göttlichen Rezeptur muss ich mein Badewasser mit der linken Hand im Uhrzeigersinn umrühren. Dabei fließt die gesamte Heilenergie ins Badewasser.“

„Und das ganze lässt sich verkaufen?“

„Selbstverständlich. Ich fülle mein Badewasser in Flaschen ab. Meine Kunden sind äußerst zufrieden.“

„Das käme für mich wahrscheinlich nicht in Frage. Ich bin hunareikiorientiert. Ich bräuchte Informationen zum Weltuntergang. Kann meine Rechnungen nicht bezahlen.“

„Dann schlage ich Ihnen mal Serephinola vor. Der ist leicht zu channeln, bringt die Dinge auf den Punkt und liegt selten daneben.“

„Gut. Fangen wir an.“

„Alles was ich bräuchte, wäre nochmals Ihre Kundenummer. Und danach möchte ich Sie bitten, kurz die Augen zu schließen.“

„X-komma-null-viereinhalb, Herbeldinger.“

Ich schloss die Augen.

„Nun atmen Sie tief in Ihren Bauchraum und lassen Sie sich von Ihrem Unbewussten ein Symbol für Ihre Frage schenken.“

„Eieruhr!“

Kaum hatte ich ihr das Symbol genannt, hörte ich ein leichtes Seufzen am anderen Ende der Leitung, das nach wenigen Sekunden in immer lauter werdendes Stöhnen und Grunzen überging.

„Alles in Ordnung?“ fragte ich leicht besorgt.

Statt einer Antwort hörte ich nur den markdurchdringenden Schrei:

„Serephinola! Serephinola!“

Dann Stille. Ich wartete ungeduldig. Endlich:

„Herr Herbeldinger“, Uritella klang nun wieder ruhig und vertraut. „Die Sache gestaltet sich etwas schwierig. Seriphinola meint, es gäbe konzentrative Hemmnisse in Bezug auf Ihre Frage, da Sie offensichtlich über keinerlei Astralerfahrungen verfügen.“

„Ich bin hunareikiorientiert. Wir arbeiten fast ausschließlich energetisch.“

„Wir haben Astraltraining im Angebot. Natürlich in abgespeckter Form. Das ganze dauert nur wenige Minuten. Danach dürfte einem Kontakt mit Serephinola nichts mehr im Wege stehen.“

’Ich habe keinen blassen Schimmer, was ich nun tun soll’, schoss es mir durch den Kopf. ‚Meine Rechnungen! Meine Ziele! Mein Leben überhaupt!’

„Können Sie mich verbinden?“

„Klar doch!“ Und schon klickte es in der Leitung.

„Out-Of-Body-Experience-Odenwald-Liga. Sie sprechen mit Stephan Monroe. Was kann ich für Sie tun.“

„Ich brauche einen Schnellkurs.“

„Basic?“

„Keine Ahnung.“

„Ok, dann wahrscheinlich Basic. Sind Sie schon einmal mit kosmischen Gesetzmäßigkeiten konfrontiert gewesen?“

„Ständig. Ich habe einen hermetischen Quertouch.“

„Ihre Kundennummer, bitte.“

„X-komma-null-viereinhalb.“

„Herr Hebeldinger. Ich darf Sie bitten, sich während des Schnellkurses ganz genau an meine Anweisungen zu halten. Sie haben Erfahrung im Visualisieren?“

„Selbstverständlich.“ antwortete ich sichtlich genervt.

„Dann visualisieren Sie bitte in folgender Abfolge und nach Möglichkeit ziemlich schnell: Sie sitzen in einem Unterseeboot. Zweitens: Sie befinden sich in einem Raumschiff. Drittens: Sie fliegen losgelöst von allem irdischen über den Mount Blanc. Von links nähert sich Ihnen ein brasilianischer Schmetterling. Winken Sie ihm mit der rechten Hand. – Haben Sie’s?“

„Klar doch.“

„Sehr schön. Nun kommen wir zu Ihrer eigenen Kreation. Es geht darum, dass Sie sich kurzfristig aus Ihrem Körper lösen und sich Ihrem eigenen Reiseziel nähern. Wohin möchten Sie reisen?“

„Dazu fällt mir nichts ein.“

„Dachte ich mir schon.“ meinte Stephan. “Das kommt ziemlich oft vor. Vielleicht habe ich da etwas für Sie.“

Ich hörte das Rascheln von Papier durch den Telefonhörer.

„HEBAB Ltd. in Newcastle, Herr Herbeldinger, ist das derzeit effektivste Reisebüro für Astralreisende, das wir zu äußerst günstigen Konditionen für unsere Mitglieder gewinnen konnten. Die Zusammenarbeit mit HEBAB gestaltet sich sehr angenehm.“

„Was kostet mich das?“

„Der Erstkontakt ist für Sie kostenlos.“

„Gut. Verbinden Sie mich.“

„Hello. This is HEBAB Ltd., Newcastle. We are not available at the moment – Wir sind im Moment nicht erreichbar.“

Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen.

 

Ich öffnete das Fenster und atmete die frische Abendluft tief in meine Lungen. Gedankenverloren schaute ich ein paar Minuten in die Weiten des Abendhimmels. Dann wandte ich mich vom Fenster ab.

Mein Blick wanderte wieder hin zum Telefon, das mich so stark in seinen Bann zog.

Ich nahm den Hörer erneut ab und wählte

„Psychiatrisches Zentrum für seelische Gesundheit. Guten Abend. Was können wir für Sie tun?“

„Mein Name ist X-komma-null-viereinhalb. Ich brauche frisches Badewasser. Mein Schmetterling sitzt im U-Boot. Wie weit ist es bis zum Mont Blanc? Schicken Sie mir die Rechnung bitte.“

Es tut gut nun hier zu sein. Ich bekomme regelmäßig Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Und jeden zweiten Mittwoch gehe ich vormittags in die Bastelgruppe.

 

(c) Rolf Höge

 

Aus meinem Buch „Freischreiben – manchmal ernst, manchmal heiter“

 

Gestalten Sei doch einmal einen ‚Besonderen Abend‘ für Ihre Gäste oder Freunde mit einer Autorenlesung.  Auf meiner Homepage finden Sie die Informationen dazu.

In mir brodelt ES

In mir brodelt ES. Ich habe mit ES gesprochen. Es sei nun mal so, meinte ES und außerdem sei ES das Brodeln ja vollkommen freigestellt. Brodeln käme übrigens ebenso wenig von Brot wie von Dellen. Ich würde ja auch freischreiben, meinte ES und niemand frage danach, von wem oder was ich mich befreien wolle. Ich ließ ES dann in mir alleine und dachte, brodele doch ohne mich. Wer bin ich denn, dass ich in mir mit mir brodeln lasse. / Rolf Höge

 

Wie alles begann

Es war zu jener Zeit, als ich noch mit Old Shatterhand durch den Llano Estacado ritt und Kakteenfelder anzündete, um es regnen zu lassen. Zu jener Zeit, als ich Freitag auf meiner Insel Deutsch lehrte, während Bohnen mit Rindfleisch über dem Feuer garten. Zu jener Zeit als ‚agcricola convivam exspectat‘, der erste Satz aus ‚Fundamentum Latinum‘, Ausgabe B, Band 1, sich so tief in mein Unterbewusstsein gegraben hatte, dass ich ihn heute noch im Schlaf als ‚der Bauer erwartet den Gast‘ übersetzen kann. Außer diesem ersten Satz im Lateinbuch fanden in der Folge allerdings keine weiteren, lateinische Vokabeln oder gar Grammatik-Regeln ihren Weg in mein Gehirn.

Die Uhr zeigte kurz gegen Elf-Uhr-Fünfzehn, und ich bereitete mich mit einem gekonnten Redebeitrag darauf vor, die Klasse vorzeitig verlassen zu müssen, weil ich wusste, dass in der Mädchen-Realschule nebenan in wenigen Minuten die Hofpause eingeläutet werden würde.

Dieses Mal nahm ich mir vor, unseren Mathe-Lehrer davon zu überzeugen, dass all seine Ausführungen an der Schiefertafel nur dann wirklich sinnvoll seien, wenn in der Summe Eins plus Eins tatsächlich Zwei ergeben würden. Hätte man sich aber damals, als die Mathematik erfunden wurde, auch nur ein einziges Mal geirrt, so gab ich zu bedenken, und Eins plus Eins ergäbe in der Summe gar nicht Zwei, sondern vielleicht „Hmm“ oder „Hupp“, so würden alle mathematischen Krakeleien an der Tafel von selbst ad absurdum geführt. Mathematik sei für mich genau aus diesem und vielen weiteren, ungenannten Gründen eher eine Glaubensfrage und ‚glauben‘ hieße nun einmal nicht ‚wissen‘.

Kurz darauf fand ich mich allein im Flur des Schulhauses wieder, denn man hatte auf meine weitere Teilnahme am Mathematikunterricht verzichtet. Und eben zu jener Zeit wurde in der Mädchen-Realschule nebenan zur Hofpause geläutet, während ich durch das Fenster im Ersten Stock des Jungen-Gymnasiums beobachten konnte, wie dort drüben eine Masse von junger Mädchen auf den Hof stürmte.

Ich bin überzeugt davon, dass genau zu dieser Zeit der Regen im Lllano Estacado aufhörte, das Feuer unter dem Topf mit Bohnen erlosch und stattdessen an diesem Tag, am Fenster des Jungen-Gymnasiums, meine Haare bis Schulterlänge zu wachsen begannen und in meinem Gehirn der Sound von ‚Suzie Q‘ den lateinischen Bauer übertönte, der noch heute auf seinen Gast wartet.

Ich bin überzeugt davon, dass ich genau an diesem Tag erkannte, dass die Magie der Frau als solche aus einer Unmenge von faszinierenden und anziehenden Einzelwesen besteht, deren letztendliche Erforschung mir bis heute verwehrt geblieben ist.

Mag sein, dass an diesem Tag noch mehr geschah. Doch davon erzähle ich vielleicht an einem anderen Tag.

© rh

Berührungen

Berührungen-Cover2-Vorders-epubliWorte berühren auf unterschiedliche Weise. Sei es das gefühlvolle Liebesgedicht, die szenische Skizze einer betroffen machenden Realität oder die Humoreske, die zum Schmunzeln einlädt.

Wenn sich die Wege des Autors und des Lesers für kurze Zeit kreuzen, ist es die Berührung durch den Text, die Begegnung zulässt.

„Es ist das Herz des Dichters, das die Worte schafft. Nicht der Reim, Gefühl hat Kraft“.

Meine Autorenlesung habe ich nun aktualisiert und unter das Motto ‚Berührungen‘ gestellt.

Menschen, die meine Texte respektieren und gerne zuhören, stellen für mich eine besondere Art der Berührung dar: eine Begegnung mit dem Ziel, sich durch Worte auf die eine oder andere Weise näher zu kommen und sei es auch nur für die Zeitspanne eines Abends.

Lesezeit: ca. 40 Minuten. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Fühlen Sie sich frei, mit mir Kontakt aufzunehmen.

Kontaktinformationen finden Sie auf meiner Homepage
Berührungen-Cover2-Vorders-epubli

Übrigens trete ich auch gerne mit Menschen in Kontakt, die sich vorstellen können, eine solche Lesung musikalisch mit aufzulockern. Denkbar ist auch die Kreation eines musikalischen Hintergrundes zu meinen Texten. Bei allem sollte der Spass im Vordergrund stehen. Vielleicht entwerfen wir gemeinsam etwas Neues…zumindest für uns 🙂

Werd‘ mich der Wirklichkeit nun stellen

Im Stadtpark füttert sie die Tauben,
zuhause ihren Hund.
Darf mir mein Lächeln wohl erlauben,
zu dieser späten Stund’.

Wohl weiblich ihre Formen
und auch ihr Konterfei
ein wenig fern der Normen
und gar kein Einheitsbrei.

Doch wollt’ ich mit ihr bandeln,
buhlen um im Herzen einen Platz,
wie sehr müsst’ ich dann handeln:
besetzt! zeigt mir die Katz.

Werd’ mich der Wirklichkeit nun stellen:
bin ohne Glück,
es läuft nicht rund.
Denn wahrlich, ach, ich kann nicht bellen.
Am Morgen nicht, und nicht zur Abendstund’.

© rh

Entstanden aus der Betrachtung so vieler vierbeiniger Lieblinge der Frauenwelt ím Internet.

Schauen Sie doch auch einmal auf meiner Homepage vorbei.

Der Schrei der Karotte

Angefangen hatte alles beim Gemüsehändler. Die Bananen lagen einsam im Korb und draußen hatte es schon den ganzen Morgen geregnet. Lilly war wieder einmal nicht zum Frühstück erschienen, und Onkel Philipp hatte ein ganzes Einmachglas mit Zwetschgen von seinem Nachttisch fallen lassen.

Mir blieb nichts anderes, als den ganzen Weg von Arkansas zum Old Man River in dem einzigen Paar Hausschuhen zurück zu legen, das ich seit meiner Konfirmation im April ‘69, als ich diesen fatalen Streit mit dem Pfarrer wegen der irrtümlichen Annahme hatte, die Welt sei durch einen lauten Knall entstanden, noch besaß.

Das freundliche Lächeln des Blumenkohls wirkte etwas erhaben, als ich mit der einen Hand, die ich noch bewegen konnte, den Salat sortierte, wobei ich peinlichst darauf bedacht war, den großen Köpfen nicht den Vorzug vor den kleinen zu geben. Ganz hinten saß diese kleine, schnuckelige Zwiebel, die mir schon so manches mal das Wasser in die Augen getrieben hatte, wenn es hier in der Region wieder einmal so unerträglich heiß geworden war und selbst die Kühlhäuser zu schwitzen anfingen. Ich war ja so dankbar dafür!

Alles in allem hätte ich an diesem Morgen vollkommen zufrieden sein können, wäre da nicht dieser kleine Vorfall auf dem Barhocker am Abend zuvor gewesen. Ich war nur ganz wenig vor gefallen, aber es hatte gereicht, mit dem Gesicht – ich glaube mit der Stirn zuerst – den Boden zu berühren, von dem behauptet wird, er sei früher durch einen Teppich geschmückt gewesen.

Es fiel mir daher nicht schwer, dem Gemüsehändler die Hand zu drücken, was diesen jedoch veranlasste, das grüne Glas mit Gurken der Schwerkraft auszusetzen, was wiederum dazu führte, die Zwiebel, welche mir noch kurze Zeit zuvor zugelächelt hatte, in eine Linksdrehung zu zwängen, während plötzlich diese vorne spitz zulaufende Essiggurke genau auf mich zukam.

Der etwas aufdringliche Geruch des Gemüsehändlers störte mich nicht, wohl aber die Hand, die er versuchte um meinen Hals zu legen. Vor etwa siebzehn Jahren musste mich ein Erlebnis beeindruckt haben, das diesem auffallend ähnelte, doch so sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich nur noch ganz entfernt daran erinnern.

Kaum jemanden interessierte sich für den Zeitpunkt, an dem die Linksdrehung der Zwiebel beendet war und die Zwiebel selbst, jene die mir in den heißen Tagen das Wasser in die Augen getrieben hatte, zielbewusst auf eine Karotte zusteuerte, die offenbar von diesem Angriff völlig überrascht war. Auch der Blumenkohl begriff die Zwiebelgefahr und begab sich schnellstens außerhalb ihrer Reichweite.

Nur diese kleine, schnuckelige Karotte konnte, ob sie es wollte oder nicht, der Zwiebel nicht ausweichen.
Es gab einen lauten Knall, der irgendwie jenem Knall ähnelte, den ich damals in den Ohren hatte, als Gustav diese Feuerwerkskörper im Jahr ‘62 eigentlich zu Onkel Philipp hätte bringen sollen und sie dann doch neben meinem Bett hatte liegen lassen, obwohl er wusste, ich rauche grundsätzlich im Bett und achte normalerweise nicht darauf, ob da, wo sonst immer ein Aschenbecher steht, auch jedes Mal ein Aschenbecher steht.

Ich spürte förmlich wie mir dieser markerschütternde Schrei jener so sympathischen Karotte durch sämtliche Glieder fuhr. Und nie werde ich dieses cholerische Lachen der Zwiebel vergessen, als schließlich der Gemüsehändler, in Anbetracht der sehr kritischen und angespannten Lage, meinen Kopf in beide Hände nahm und ihn mit einer Geschwindigkeit hin und her bewegte, die vermuten ließ, mich mit dem Schrei der Karotte in Verbindung zu bringen.

Ich weiß heute nicht mehr so genau wie das alles weiter ging, aber wenn Sie wollen, erzähle ich Ihnen gerne wie das alles angefangen hatte.

Also, angefangen hatte alles beim Gemüsehändler…

© rh

Zu den Themen Sucht- und Persönlichkeitsentwicklung, Arbeit- und Soziales sowie Humorvolles führe ich in Ihren Räumlichkeiten gerne die Autorenlesung „Meine Schreibe…“ durch.

Agenten lieben fastfood

Wie aus unterrichteten Kreisen verlautete, sollen schon jetzt mehr als die Hälfte der über ganz Deutschland verbreiteten McRonald Restaurants zu CIA-Anwerbstellen umfunktioniert sein.
„Dies geschieht durchaus in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur“, teilte ein Sprecher der Fastfood-Kette mit.
Doch nicht der James Bond der Zukunft sei gesucht, sondern eher der 1-Dollar-Mini-Jobber für leichtere Oberservationsaufträge im subversiven In- und Umfeld. Wer aber denkt, ein herkömmliches Bewerbungsschreiben würde genügen, der irrt.
„Wir legen großen Wert darauf, dass Bewerbungen für uns nur in Code-Form erkennbar sind“, meinte dazu der heutige Filialleiter und Ex-Cia-Agent Max Krautwickel.
Wer beim Aufessen eines BigRon nicht mindestens ein großes C stehen lässt, sei bei der Bewerberauswahl schon durchgefallen.

© rh

Auf meiner Homepage können Sie sich über eine Autorenlesung informieren.

Lumbalila in der Hand der Todesvögel

Über dem schwarz bemalten Sonnendach des Erzgebirges kreisen die riesigen Vögel der Lüfte. Ihr furchterregendes Schreien bringt die heiße Sommerluft der Arktis in Schwingung. Die wenigen Menschen, die sich noch in Lumbalila befinden, erleben die unheilvolle Stunde der Wahrheit. Denn wahr ist, was tatsächlich ist und tatsächlich ist die Wahrheit wahr.

Ein blonder, blauäugiger Lumbalilaner versucht gerade einen Wasserschlauch an einem Überflurhydranten anzubringen, als Tom Duli mit verstörtem Blick um die Ecke schaut.

„Was willst du mit dem Schlauche, sprich!“
„Die Stadt von Hydranten befreien!“

Doch da stürzt sich schon der erste Riesengreifvogel mit markerschütterndem Geschrei in die Tiefe, um sein erstes Opfer zu erhaschen. Seine messerscharfen Krallen hacken tief in die linke Schulter des Lumbalilaners, der das Unfassliche kaum fassen kann.

Entsetzen brüllt von seinen Lippen, als er sich mit unheimlicher Stärke in die Höhe gezogen fühlt. Und ganz leise beginnt er ein Liedchen zu singen:

„Wenn das Rot meine Lippen verlässt…“

Mit dem rechten Arm versucht der Blonde den Todesvogel zu vertreiben, aber das satanische Vieh hält den jungen Mann unerbittlich in den Klauen fest. Da öffnet der junge Lumbalilaner die Augen und erblickt seinen Psychoanalytiker. Dieser lächelt ihm freundlich zu. Seine sanfte Stimme mahnt zur Ruhe.

„Ups“, spricht der Psychokumpel, „lassen wir das so im Raum stehen oder soll Vater mit dem Eimer kommen, weil der Hund die Glocke nicht hört?“

(c) rh