Vom Großen Buben und einem depressiven Frosch

Manchmal ernst, manchmal heiter präsentierte Rolf Höge seine Lesung am 14. August in der Hummels-Scheier-Galerie in Lampertheim. Berührung durch Text lässt Begegnung zu, meinte der Autor aus Mannheim zu seiner vierzigminütigen Autorenlesung.

Berührend seine Geschichte vom Großen Buben, der von der Mutter das Helfen gelernt hatte. Heiter und unterhaltsam seine humorvollen Beiträge in Mundart. Ob er nun das Augenmerk auf den depressiven „Frosch un die Mott“ lenkte oder in Mannheimer Dialekt die Zubereitung des deutschen „Worschtsalats“ erläuterte: Höge kam beim Publikum an.

Die Einladung zur Lesung erfolgte durch Karin Maurer und Martina Rausch, die in der Hummels-Scheier-Galerie Malerei und Betonarbeiten ausstellten. Höge ist wie die beiden Künstlerinnen Mitglied im Künstlerverein Bürstadt sowie im Literarischen Zentrum Rhein Neckar „Die Räuber 77“.

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Sie sind wir

Sie verkünden, das Gute sei schlecht und Solidarität üben nur Schwache. Sie dringen in Gedanken wie Diebe in der Nacht und schreien, deine Freiheit sei bedroht. Sie behaupten, man wolle dich ersetzen, deine Identität rauben. Sie ignorieren die Toten um dich herum, entzweien Vater und Sohn, Mutter und Tochter, Bruder und Schwester, Nachbarn und Freunde

Stärke liege nur im Ich des Einzelnen, Miteinander sei die Angst des Feiglings. Sie applaudieren Menschenfeinden, erheben Bühnenkünstler zu ihren Führern und deren Feindbilder zu Anbetungsgötzen.

Jeder ist sich selbst der Nächste, Nächstenliebe kommt vor dem Fall, verkünden sie.

Sie hausen an den Polen unserer Meinungen und machen das Land dazwischen unbewohnbar für Gemeinschaft, für Unterstützung, für Toleranz und Liebe.

Sie bieten wortgewaltige Schlagzeilen, eine uferlose Freiheit der Unendlichkeit, in der du ersaufen sollst als schwimmest du in einer Nussschale auf hoher See.

Sie sind ich, sie sind du, sie sind wir.

Rolf Höge

Wutbürger

Nach langem Schlaf,

nach stetem Schweigen,

zur Wut, zum Schreien

aufgeweckt,

die Hand zum Gruß

hoch in die Sonne.

 

Am Morgen.

 

Es triumphiert

die elitäre Sonne,

wenn sie Gefährlichkeit,

Wahrhaftigkeit verbirgt,

mit ihrem Glanz

dich trunken macht

und du nur Wärme,

keine Hitze spürst.

 

Am Mittag.

 

Nach ihrem Untergang

vielleicht

magst du erkennen,

wie sie durch Wut geblendet

und Herz und Seele dir verbrannt.

 

Am Abend.

 

Vor dieser dunklen, langen Nacht,

im Schweigen,

das Vergessen schenkt,

als hätt‘ es niemand dir gesagt.

 

Rolf Höge

 

 

Wenn Worte berühren

Heute erschien mein Gedichtband „Wenn Worte berühren – lebendige Gedichte“ bei epubli und  wird in spätestens zwei Wochen auch über Amazon zu beziehen sein. ISBN: 978-3-748520-38-2

Wie kam ich dazu, dieses Büchlein mit „lebendigen Gedichten“ zu veröffentlichen? Das erfahrt ihr  hier in meinem Vorwort aus dem Buch:

Mein Gedicht Wenn ich die Worte hätte steht Pate für den Titel dieses Buches. Die Zeilen entstanden in Bad Dürkheim, während eines Klinikaufenthaltes, bei dem ich mich von den Folgen eines medizinischen Eingriffes erholen musste.

An einem hellen Herbsttag saß ich um die Mittagszeit am Fenster meines Zimmers. Der weiße Vollmond thronte scheinbar zum Greifen nahe immer noch am wolkenlosen Himmel. Das war der Zeitpunkt, an dem dieses Gedicht entstand, es war auch der Moment, an dem ich beschloss, mich wieder auf das Schreiben und überhaupt auf kreative Momente abseits meines beruflichen Alltages zu besinnen.

Meine berufliche Tätigkeit, eingebettet in Nachtschicht und Wochenendarbeit, hatte über Jahrzehnte mein Leben bis zum Herzinfarkt und der sich daran anschließenden Operation bestimmt. Kreatives Schaffen war einem steten Kreislauf von Pflichtbewusstsein, Anstrengung und Schlaflosigkeit gewichen. Aber der weiße Mond am Tageshimmel zeigte mir an jenem Tag sinnbildlich, dass da etwas in mir ist, was sich wieder Geltung verschaffen wollte und was ich nicht einfach zur Seite schieben konnte.

Viele Jahre zuvor wirkte ich in Schreibwerkstätten und Literaturgruppen mit, veröffentlichte ein paar Texte in Anthologien und einer Mannheimer Tageszeitung, aber dann holte mich der Arbeitsalltag komplett ein, er überholte mich regelrecht und übernahm die Führung in meinem Leben.

Damals in Bad Dürkheim blieben mir noch fünf Jahre bis in den vorgezogenen Altersruhestand und noch weitere zwei Jahre bis in die Rente. Höchste Zeit also, mich nicht mehr so sehr mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, sondern sie eher als Warnung zu verstehen, mich wieder nach innen zu wenden, meinen kreativen Gedanken wieder Raum zu verschaffen. Vergangene Zeiten mahnen mich, doch will ich nicht in Zeiten fliehen, heißt es in einem meiner anderen Gedichte.

Ich kramte ältere Texte hervor, arbeitete sie erneut durch und wandte mich stetig wieder dem Schreiben von Gedichten und Kurzprosa zu. Schicht- und Wochenendarbeit führen weg vom allgemeinen kulturellen Leben. Wer aber am Leben teilhaben will, muss daran teilnehmen, darf nicht nur außen stehen, um die eigene Geschicke zu betrachten. In der Teilnahme erst fühlen wir uns lebendig. Mit jedem kleinen, kreativen Schritt, den ich heute gehe, spüre ich das mehr denn je.

Mit diesem Büchlein fasse ich einerseits Gedichte zusammen, von denen ich annehme, dass sie das Potenzial besitzen, zu berühren oder zumindest zum Nachdenken anzuregen. Andererseits möchte ich gerne auch zum Schmunzeln einladen. Diese Auswahl stellt einen Ausschnitt meiner persönlichen Teilnahme und Lebendigkeit dar.

Ich freue mich, liebe Leserin und lieber Leser, Ihnen auf diese Art begegnen zu dürfen.

Rolf Höge

 

Edelstein und niemals Kiesel sein

Mauschelt, mauschelt

mauschelt doch. –

Die Herde schützt ihr Wasserloch.

Es wirkt oft krampfhaft einstudiert,

wer gebildet Bildung definiert.

 

Ich denke,

Kiesel werden niemals artenreich,

das Flussbett macht sie alle gleich.

 

Vom hohen Anspruch bin ich nicht besessen,

habe geträumt und werde nicht vergessen,

wie ich fragend angetreten bin:

was macht mich frei, was gibt mir Sinn?

 

Ich wollte Edelstein

und niemals Kiesel sein.

 

Rolf Höge

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(Aus: „Wenn Worte berühren  – lebendige Gedichte“ ISBN 978-3-748520-38-2)

 

 

Heimfühlen

Die Bettdeckenwärmefessel

löst sich langsam,

während von draußen Papastimmen

dem Ohr schmeicheln,

und der Sauerbratengeruchswecker

wirksam

in die Mamageborgenheit

gleiten lässt.

 

Unvergesslich,

diese Vormittage

sonntags.

 

Unsere Hände finden sich im Herbst der Jahre,

beim Heimfühlen,

jeden Morgen.

 

© Rolf Höge

Auf dem Rasen toben Rassen

Auf dem Rasen, toben Rassen, schwarze, weiße, gelbe, rote, toben ohne Unterlass

Auf dem Rasen

toben Rassen,

schwarze, weiße,

gelbe, rote,

toben ohne Unterlass,

bringen langsam sich zu Tode.

Auf den Rängen

schauen staunend

Pilz, Tier und Insekt:

es zeigt die neunmalkluge Rasse

den selbst benannten Intellekt.

Die alte Kröte weiß Bescheid,

hebt das Beinchen wie zum Eid:

„Das Menschlein“, spricht sie,

„erst vor kurzem kam,

doch scheint es mir im Geiste arm.

Muss wieder gehn,

so denke ich,

Rassismus überlebt sich nicht.

Wissen von Millionen Jahren,

wird diese Menschheit nie erfahren.“

© Rolf Höge

wortsaufen

wortsaufen

ganznächtig

sprachlärmkopfschmerz

 

haustürschlüssel

lieblich wie glöckchenklang

auf den Küchentisch gepfeffert –

so ruhig –

 

neues atmen

in der lärmschutzzone

 

© Rolf Höge

 

Haben Sie Lust auf einen ‚besonderen Abend‘? Holen Sie sich doch eine Autorenlesung. Besuchen Sie dazu meine Homepage www.rolf-hoege.de