Der Kram ermüdet mich

Ich denke, ich werde mich zukünftig wieder etwas mehr den kreativen Schaffungsprozessen und der Freizeitgestaltung widmen, wie ich es mir für den Vorruhestand eigentlich vorgenommen hatte. Es wütet zwar stets in mir, wenn ich mir die politischen Landschaften so betrachte, aber ändern werde ich persönlich wohl kaum etwas daran. Meine ethische und moralische Haltung ist eindeutig: niemals mit Rechtspopulisten, stets für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung.
Es wird wohl nach der Bundestagswahl wieder zu einer Großen Koalition kommen. Viele werden Augen und Ohren weiter geschlossen halten und die AfD wählen. Braune Parolen auf der Straße und im Internet mutieren, wenn überhaupt zu einem Kavaliersdelikt. Die Grünen werden absacken, denke ich. Die Linken vielleicht gerade so ihre letzten Ergebnisse halten. Die SPD macht sich selbst etwas vor. Die FDP wird wahrscheinlich wieder einziehen in den Bundestag.
Das heißt aber alles auch, dass in den Betrieben die Mitbestimmung weiter durch Werkverträge ausgehebelt wird, dass es Waffenlieferungen für Diktatoren gibt und die Ursachen für Flüchtlingsströme nicht beseitigt werden. Die Dritte Welt wird zugunsten eines ausufernden Kapitalismus weiterhin ausgebeutet. Deutschland ist nach wie vor an Kriegen beteiligt. Gerechtigkeit wird nach wie vor nur eine Floskel darstellen. Reiche werden reicher werden, Arme ärmer.
Parteien werden sich gegenseitig Schuld zuweisen für Unzufriedenheit, für das Aufleben von Rassismus, Antisemitismus und Neofaschismus. Ich glaube, so wird es weitergehen.
Der ganze Kram ermüdet mich und hält mich davon ab, die letzten Meter lebendig meine Schritte zu gehen.

Rolf Höge

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etwas nachdenklich heute

 

Ich habe ja meiner Mutter stets zum Muttertag gratuliert, ihr Blumen gebracht oder als Kind etwas ‚gebastelt‘. Das war allerdings eine andere Genration. Eine Genration, in der die Frau noch am Herd stand und zuhause die Kinder versorgte. Eine Generation, in der Ehemänner noch entschieden, ob die Frau arbeiten darf. Diese Frauen hatten eigentlich Respekt und Ehre verdient an jedem Tag im Jahr.

Leider habe ich keine Mutter mehr und ihr Grabstein spricht kaum zu mir.

Doch wie ist das im 21. Jahrhundert? Ist da der Muttertag nicht eher ein Relikt aus alter Zeit? Passt der Muttertag heutzutage zu dem Konzept ‚Ehe und Beruf‘, zur Emanzipation der Frau, zur Quotenforderung, zur Elternzeit von Männern ?

Es sei mir erlaubt, an diesem Tag auch einmal diesen Aspekt anzusprechen.

Die Mutter zu ehren, das ist wichtig, das ist gut und richtig. Irgendwann ist sie nicht mehr da und die Lücke kann nicht wirklich geschlossen werden.

Ich weiß nicht,
wo du jetzt bist,
weiß nicht,
was du jetzt bist.

Alles, was ich glaube,
sei nur mir zum Trost.

Doch ich weiß,
wer du warst,
spürte, wie du warst,
und ich sprach deinen Namen: Mutter.

Danke dafür, Mama
(c) Rolf Höge

Herr Maier

Herr Maier kümmerte sich nicht um die große Politik, ja sie war ihm eigentlich vollkommen egal. Maier wusste nur, dass er keine Arbeit bekam und die Herrschaften auf ihn herabblickten. Meistens gab es zuhause für ihn, die Frau und die Kinder nur eine dünne Suppe aus dem Rest vom harten Brot.

Dann bekam Herr Maier plötzlich eine Arbeit im Straßenbau und ging abends zu Versammlungen. Sie klopften ihm auf die Schulter dort und man gab ihm das Gefühl, wertvoll zu sein, etwas ganz Besonderes zu sein, herrschaftlich, schon durch seine Abstammung. Und diese Abstammung musste man pflegen, man durfte sie sich nicht nehmen lassen, sonst verliere man seine Heimat, seine Identität.

Sie gaben Herrn Maier dann auch eine Uniform, mit der er sich stolz auf der Straße zeigte und die er auch beim Mittagessen am Sonntag nicht auszog, wenn jetzt schon einmal etwas Bratenfleisch auf dem Tisch stand.

Stolz war er, der Herr Maier. Und zuschlagen konnte er, wenn man seine Abstammung nicht würdigte und seine Identität gefährdet war.

Und er sang, der Herr Maier, wie das Blut vom Messer spritzen solle und dass man marschiert, auch wenn alles in Scherben fällt. Und er schrie nach Kanonen, lautstark und so, dass sich seine Stimme fast überschlug, als das Volk die Butter ablehnte und sich für Haubitzen entschied.

Und dann zog er hinaus in die Welt. Und dann kam er zurück, der Herr Maier, abgemagert, verdreckt, missbraucht mit müden Augen und stummen Blick.

Und nachts in seinen angstverzerrten Nächten fragten ihn die Überfallenen, die Geschändeten, die Gefolterten und Ermordeten, die Vergasten nach dem Warum.

Aber Herr Maier hatte sich nie um die große Politik gekümmert, ja sie war ihm eigentlich egal gewesen.

Und er reihte sich ein in die lange, fast endlose Reihe der Unwissenden, damit er wieder schlafen konnte, der Herr Maier.

© Rolf Höge